UNLOVED Interview 2008
Interview mit UNLOVED
im Oktober 2008
"Da mit Killersongs unsere letzte Veröffentlichung nun schon 2 Jahre her ist haben wir momentan wieder großes Bedürfnis eine Platte zu veröffentlichen...."
Interview mit den Bandmitgliedern:
Shya - Gesang
Tschacke - Bass
MR - Gitarre
André -
Booking/Management
HELL-ZONE: Es war eine Weile still um euch - und das obwohl alles so vielversprechend aussah. Habt ihr euch neu erfunden oder seid ihr noch immer die Alten?
Shya: Wir sind noch immer die Alten,
die aber neue Sachen machen.
Tschacke: Das stimmt, nach der
Veröffentlichung von Killersongs hatten wir eine große Flut von Zuspruch für
unsere Musik und mit dem Vertragsabschluss bei Black Lotus Records sah es
wirklich vielversprechend aus. Das Black Lotus Records dann allerdings krachen gingen, war zwar
extrem ärgerlich, aber für uns kein Grund, aufzuhören.
André: In der Zwischenzeit hat sich das
Besetzungskarussell aber wieder einmal etwas weiter gedreht.
MR: Richtig, unsere Keyboarderin ist
nicht mehr dabei und auch unser Gitarrist ist gegangen. Aber im Endeffekt kann
man die Musik nicht nur an den Personen festmachen, sondern auch an der Idee,
die dahinter steckt. Wer auf dieser Wellenlänge mitschwingt, ist nach wie vor
dabei. Außerdem hat bei uns tendenziell immer jeder alles gemacht, außer singen
natürlich.
Shya: (lacht) an Liedern.
MR: Und am Überleben.
Tschacke: Viele von uns waren in
letzter Zeit beruflich oder wegen des Studiums sehr eingespannt. Dadurch ist
die Arbeit an neuen Sachen manchmal etwas ausgebremst worden. Dennoch sind
wieder neue Titel entstanden, wie du ja schon hören konntest.
MR: Neben den fünf fertig produzierten
Stücken liegt noch ein ganzer Stapel Skizzen in der Ideenkiste, für die bislang
die Zeit nicht gereicht hat. Von einigen sind schon letztes Jahr im Studio die
Schlagzeug- und Basslinien scharf aufgenommen worden. Andere existieren
zumindest als Vorproduktion schon komplett inklusive Gesang. Außerdem müssen
wir uns jetzt langsam wieder auf Konzerte einstellen, was einfach in den
letzten anderthalb Jahren zu kurz kam, auch wegen des Ausstiegs unseres
Gitarristen im Winter 07/08. Und dann gibt es noch ein paar speziellere
Projekte, über die wir uns momentan noch in beharrliches Schweigen hüllen. Viel
Arbeit also.
HELL-ZONE: Wann kann man euch mal wieder live erleben, bzw. ist eine Tour geplant, oder ist es dafür noch zu früh?
MR: Zu früh ist vielleicht ein wenig
irreführend, wir hatten ja schon einige kleine Touren. Es ist vielmehr wieder
an der Zeit.
Tschacke: Wobei momentan eher „escape
from the studio“ drin ist, da wir uns nach wie vor hauptsächlich auf die Platte
konzentrieren wollen.
André: Als nächstes kann man unloved an
der Nordsee, am 28. & 29.11. in Marx bei Friedeburg und in Emden erleben.
Weitere Termin werden mit Sicherheit folgen und wenn die Platte dann draußen
ist, wird es auch eine größere Tour geben.
HELL-ZONE: Wann kommt eure nächste Single bzw. euer nächstes Album raus?
MR: Da würde ich jetzt schelmisch
"Really soon now" antworten – sehr bald irgendwann möglicherweise
also. Mit dem Song haben wir uns den Soundtrack unseres gegenwärtigen
Arbeitstempos geschrieben.
Tschacke: Als konkreter Zeitraum ist
aber Sommer 2009 geplant.
André: Das wird dann das Album sein.
Als Single sind jetzt schon „Final Person“ und „All At Sea“ draußen.
HELL-ZONE: Warum habt ihr euch für den Pre-Release der Songs (Download) im Internet entschieden?
Shya: Wir haben das bewusst als
kostenlosen Download ins Netz gestellt, weil aufgrund der prekären
Finanzsituation das Album noch ein wenig dauern wird und wir mit den Songs
unseren Hörern zeigen wollen, dass wir nicht weg sind, sondern fleißig neue
Titel produzieren. Das Geld fehlt auch, weil wir schon mit den bisherigen EPs
"My Way To Run" und "Killersongs" unsere privaten Reserven
aufgebraucht haben. Wir haben alles da rein gesteckt, um ein rundum perfektes
Ergebnis zu präsentieren... und für Essen *lach*
MR: Ja, jetzt gibt es kein Bafög und
auch kein ALG 2. Die ganze beschissene Zwangssituation, die jeden Azubi oder
Studenten trifft, der – aus welchem Grund auch – länger braucht als normal, ist
natürlich für Künstler besonders drückend. Man kann nicht eben mal drei
Hausarbeiten schreiben und gleichzeitig kreatives Songwriting veranstalten.
Deswegen dauert alles, also beide Teile des Doppellebens, besonders lang. Es
soll natürlich so bald wie möglich ein in sich geschlossenes Album im gewohnt
stimmigen CD-Format geben. Aber wir können nicht die ganze Zeit über den Leuten
bloß erzählen, wie groß und toll das nächste Ding irgendwann mal wird. Wenn man
sich als Hörer davon auch ein Bild machen kann, ist das glaubwürdiger. Für
dieses Lebenszeichen wollen wir aber den Leuten kein Geld abknöpfen. Unser
Produkt ist nach wie vor das Gesamtkunstwerk der zusammengestellten Lieder mit
Booklet.
HELL-ZONE: Wie würdet ihr das neue Album in der Gesamtheit beschreiben?
MR: Es ist ein Blick in den Abgrund,
geprägt von Existenzängsten und Selbstzweifeln, aber auch Humor und Hoffnung.
Aus allen Ecken und Kannten bricht immer wieder diese positive Kraft, von der
wir selbst nicht genau wissen, wo sie herkommt. Die Songs sind erwachsener und
energischer als unser früheres Material, aber noch immer unloved-typisch
verträumt. Unschuld, die zwischen rauchenden Trümmern spielt.
HELL-ZONE: Was bedeutet der Titel von "All at Sea"? Geht es hier um die Zukunftsängste unserer Generation oder ist der Song gar als Schwanengesang des verlorenen Menschen in der globalisierten und von Gewalt erschütterten Welt zu sehen? Oder steht der Text vor allem für Sinn und Identitätskrise?
Shya: *grinst* ganz genau.
MR: Was Shya mit dieser salomonischen
Zustimmung sicherlich sagen möchte, ist, dass wir ungern mögliche
Interpretationen abwürgen wollen. Wir gehen an unsere Lieder selbst nicht sehr
analytisch heran, sondern versuchen Grundstimmungen und emotionale Zustände in
Worte und Musik zu fassen. Ausgangspunkt bei "All At Sea" war
definitiv eine Sinnkrise. Ein bisschen auch die Verwunderung, dass es tausende
Motivationsratgeber gibt, von denen keiner sich Mühe gibt, auf das Level der
Hilfesuchenden herabzusteigen.
Tschacke: Also, wenn du so willst,
schon irgendwie auch der von dir so verstandene Schwanengesang verlorener
Menschen.
MR: Unser Lied ist eine Hymne der
Verzweifelten, die nicht selbstmitleidig ihr Versagen als Lebensstil
schönreden, sich aber auch nicht als Loser abstempeln lassen, die auf das
Niveau der gutgelaunten, immertüchtigen und immererfolgreichen aufsteigen
müssen, um akzeptiert zu werden. Wir haben das sicher auch aus Notwehr
geschrieben, um uns selbst Mut zu machen.
HELL-ZONE: Allerlei Schlagwörter und ein harsches "Fucker" werden dem Hörer in "Final Person" um die Ohren gehauen. Wer wird mit "Fucker" angesprochen? Und warum? Eine Abrechnung mit den Kritikern?
MR: Objektiv wird natürlich der Hörer
angeraunzt, es sei denn, er singt laut mit. Das ist der Deal. Sing mit und
präsentiere dich als selbstbewusster Spieler! Oder sei halt angepisst!
Tschacke: Der Song ist ja nicht
wirklich aggressiv, er stellt lediglich klar, dass man nicht aus üblichen
Symbolen der Schwäche und Verletzlichkeit auf Püppchencharakter schließen soll.
Das richtet sich diesbezüglich am allerwenigsten an unsere Kritiker, falls du
die Musikpresse meinst. Die Rezensenten haben unsere Sachen mehrheitlich
verstanden und/oder gelobt, da sind kaum Rechnungen offen.
MR: Blöder ist eigentlich, dass einem
ständig im Alltag irgendwelche Klischees begegnen, in die man von Leuten
einsortiert wird. Wenn ich beispielsweise jemandem auf geheuchelte
Smalltalkfragen hin unsere Besetzung aufzähle, kommt in der Regel irgendwas in
Richtung "Aha, so wie Nightwish?" – Frauen dürfen in der härter und
düster angehauchten Rocksparte nur trällernde Gothicmiezen mit Herzschmerz und
Pathos sein. Als hätte es nie P.J., Björk, Tori, Lark oder hier in Leipzig ganz
aktuell Safi gegeben. Und natürlich Unloved! Wenn wir also auf der einen Seite
von schwierigen Situationen singen oder sprechen, uns also in Songs wie
"All At Sea" in all unserer Schwäche und Makelhaftigkeit dem Hörer
öffnen, dann erwarten wir für diesen Vertrauensvorschuss Respekt. Wenn wir Lieder
über Liebe schreiben, dann heißt das, dass Liebe ein Teil unseres Selbst ist
und nicht, dass wir liebesbesoffene Trottel sind. Wenn wir zugeben, dass wir
Verzweiflung kennen, dann heißt das, dass wir keine Friede-Freude-Schlagermucke
machen und nicht, dass wir antriebslose Melancholiker sind. Shya zählt in
"Final Person" vorsorglich auf, was neben dem Offensichtlichen noch
so alles selbstverständlich Teil unserer Charaktere ist. Wer dabei
Überraschungen erlebt, hat das "Fucker!" verdient.
HELL-ZONE: Die Titel sind vom Style her ebenso verschieden und tief wie die Texte, gerade das macht die Songs so abwechslungsreich und unverwechselbar. Der Song "Sober" gehört eher zu den tanzbareren Stücken. Und er spielt auch auf dem Dancefloor. Geht es hier um das "sich frei machen von allen Sorgen" oder um den gnadenreichen Rausch in den sich die problemgebeutelte Seele sich flüchtet?
MR: Beides. Wobei uns am Rausch der
Musik tendenziell mehr gelegen ist, als am Alkohol. Das lyrische Ich will nicht
gehen und fleht den DJ an, den Zapfenstreich zu verschieben. Dass da Alkohol im
Spiel ist, macht die Sache lediglich authentischer. Wir kennen alle das
Nervpotential von hoffnungslos Betrunkenen, denen man einen Wunsch nicht
erfüllt.
HELL-ZONE: Viel romantisch-sphärischer klingt "Really soon now". Man könnte in Liebeslied vermuten, dabei ist es doch eher eine Ballade oder Elegie auf die verpassten Chancen. Sollte man den Chancen hinterher trauern oder glaubt ihr an die Möglichkeiten neue Wege zu finden?
Tschacke: Man sollte meiner Meinung
nach nicht trauern, sondern immer nach vorn sehen. Aber wir haben uns in dem
Lied ganz bewusst nicht festgelegt, sondern beide Antworten offengehalten. Wie
so oft halten wir den Moment des Zweifelns fest.
MR: Das Aufwerfen von Ausgangspunkten
ist musikalisch spannender als das Abschreiten eines möglichen Pfades. Das
nachzuerzählen würde ein Romanschriftsteller oder ein Autorenfilmer besser
können. Als Musiker stehen wir eher dem Augenblick, also dem Genre der Lyrik
nahe.
HELL-ZONE: Das rätselhafte, fast kryptische "Saviour" lässt viele Interpretationen offen. Wollt ihr sie offen lassen? Oder verratet ihr, wer der "Saviour" ist?
MR: Das wird auf keinen Fall verraten.
Tschacke: Schon allein, weil diese
Antwort zwingend für jeden unterschiedlich ausfallen muss.
HELL-ZONE: Wo wollt ihr hin? Was sind eure nächsten Ziele?
Tschacke: Da mit Killersongs unsere
letzte Veröffentlichung nun schon 2 Jahre her ist haben wir momentan wieder
großes Bedürfnis eine Platte zu veröffentlichen. Danach geht die Suche nach
einem Partner weiter. Entweder mit dem Album, im optimalfall aber schon für das
Album.
MR: Das Sekundärziel ist eine
ausgedehnte Tour.
Danke für das Gespräch und viel Erfolg!
Informationen zur Band im Netz:
© HELL-ZONE.de