nova-spes live in Russland - Gastspiel bei Freunden
Die Leipziger Indie-SynthiePop-Band NOVA-SPES reiste auf Einladung für ein Konzert in die russische Millionenstadt St. Petersburg und gab am 18. Mai 2019 im Club MONEY HONEY ein Konzert beim Synthusity Festival. Ein bleibendes Erlebnis und Kraftakt!
Kaum einer der gemeinen Konzertbesucher und Musikkonsumenten vermag einzuschätzen, welchen zeitlichen, organisatorischen und finanziellen Aufwand Amateurbands leisten, egal in welcher musikalischen Strömung die jeweiligen Künstler unterwegs sind, um ihre Kunst unter das Volk bringen zu können.
Wirtschaftlicher Erfolg ist da eine Illusion. Nicht unmaßgeblich sind auch Konsumenten dafür verantwortlich, indem jeder die beste Qualität so günstig wie möglich genießen möchte. Die Künstler wissen das und zahlen für ihr Hobby neben den täglich anfallenden Kosten auch für Auftrittsmöglichkeiten, weil auch die Veranstalter um diese Misere wissen.
Mit dieser Kenntnis kann man sich ungefähr vorstellen, was es bedeutet, wenn man zum Beispiel einmal in Rußland spielen möchte.
Da kommt erschwerend hinzu, dass in Rußland sich elektronische Musik noch eher im Stadium des Underground befindet. Es gibt Bands und Fans. Doch die Präsenz unter den Massen und in den Medien ist eher gering. Die Organisatoren eines in Rußland bekannten Festivals, wie das SYNTHETIC SNOW, müssen mit 300 bis 500 Gästen zufrieden sein. Doch es tut sich was. Vielleicht braucht es noch etwas Zeit. Aber dann wird da was kommen …
nova-spes, das Synthi -Pop-Projekt um Mastermind Matthias Hübner aus dem Raum Leipzig welches beim russische Label ScentAir Records von Wladimir Romanow unter Vertrag ist, wurde das zweite Mal innerhalb weniger Monate angefragt, bei einem Minifestival zu spielen. Genau wie im Oktober 2018 kam die Einladung vom russisch-deutschen Projekt 0-KONTROL. Dass es für den Gig keine Gage geben würde und auch die anfallenden sonstigen Kosten selbst getragen werden mussten, war klar (siehe oben). Diesmal hatte ich die Chance, mit dabei zu sein.
Für nova-spes hat es sich dennoch gelohnt. Neben dem Spaß an sich und dem guten Gefühl, einen gelungenen Gig abgeliefert zu haben, wurden bestehende Kontakte gepflegt und neue geknüpft. Direkt im Zentrum von St. Petersburg am Newskiprospekt, der Flanier- und Einkaufsmeile von St .Petersburg, fand das Minifestival SYNTHUOSITY am 18. Mai 2019 zum Beginn der Weißen Nächte im MONEY HONEY, einem kleinen, feinen und gemütlichen Club, statt. Solch einen Club würde sich jede Stadt in Deutschland wünschen: Das MONEY HONEY ist ein unspektakuläres altes Reihenhaus mit 4 Etagen. Im Erdgeschoß befindet sich ein Lokal mit einer Bar und einer kleinen Bühne, welche im Stil eines Westernsaloons gestaltet ist, darüber ein weiterer Veranstaltungsraum mit Bühne und Bar. Eine Etage höher befindet sich eine Empore mit kleinen Tischen und Blick auf die Bühne darunter. Unter dem Dach findet man den Backstagebereich.
Neben NOVA-SPES spielten SUPER DRAGON PUNCH!! aus Belgien, UNKA MAU aus St. Petersburg, 0 KONTROL aus St. Petersburg/Köln und THE WALKING ICON aus Moskau/Kaliningrad.
THE WALKING ICON eröffneten, nachdem der in St. Peterburg bekannte DJ NANO ERROR sehr professionell und passend eine Stunde lang die Anwesenden in Stimmung brachte. THE WALKING ICON, das gemischte Duo aus Moskau und Kaliningrad, wurde das erste Highlight des Abends. Ihr Synthi-Pop der ganz eigenen Art zeichnet sich durch originelle und spannende Sounds und eine weibliche Stimme mit erstaunlichem Umfang aus. Dass die Sängerin auch den Augen gut tat, ist dabei nur ein Bonus. THE WALKING ICON sind so eine Formation, welche ich meinte, als ich oben schrieb „dann wird da was kommen…“. - Auf ein Festival wie die NCN würden sie genau passen und begeistern.
UNKA MAU sprangen für eine Band aus Deutschland ein, welche kurzfristig absagte. Das Soloprojekt der jungen Dame im Gothiclook, welche für Musik, Text und Produktion verantwortlich zeigt, wird bei Bedarf wie auch am heutigen Abend durch einen Mitstreiter an den Tasten verstärkt. Der gebotene Elektropop wusste zu gefallen, war aber solide Durchschnittsware.
Dann enterten die einladenden Gastgeber 0 KONTROL um die Frontfrau Mascha die Bühne. Der von einer Gitarre begleitete Elektrowave war am heutigen Abend schwer fair zu beurteilen. Nach nur wenigen Titeln platzte eine Gitarrensaite und beim Versuch, Ersatz aufzuziehen, auch diese. So musste das Programm den neuen Gegebenheiten angepasst werden und es war unüberhörbar, dass dies so wenig geübt wurde. So blieb ein Naja-Konzert, dass nur erahnen ließ, was möglich gewesen wäre, wenn.....
SUPER DRAGON PUNCH!! aus Belgien ist Jérémie und Jérémie ist überschäumende Lebendigkeit. Gegen seinen Elektro der härteren Gangart, den er selbst als Synthpunk mit Industrialeinflüssen bezeichnet, fällt es schwer, sich zu wehren. Man zuckt unweigerlich mit. Ruhigere Momente gibt es auf der Bühne nur, wenn Jérémie auf dem Rücken liegend performt. Ansonsten wird getobt und gesprungen. Es machte gerade bei diesem Act Spaß, die Mädels vor der Bühne zu beobachten. Wenn Jérémie gewollt hätte ….
Danach waren nova-spes der würdige Headliner und wurden ein weiteres Highlight des Abends. Man spürte, dass sie nun eingespielt sind und das Programm rund ist. Geschickt spannt sich ein Stimmungsbogen über das Konzert, der die Titel der letzten Schaffensperioden der Band verbindet (siehe Set-Liste). Die musikalischen Eindrücke wurden durch die eingespielten Bilder auf der Leinwand im Rücken der Band optimal ergänzt und verstärkt. Zum Knaller entwickelte sich der neu ins Programm genommene Titel "Leben ist Krieg". Die Leute gingen ab und wollten den einzigen deutschen Song des Abends mitsingen. Da konnte ich als Deutscher nun glänzen. Warum die Russen deutsch so toll finden? Die Fans feierten nova-spes. Eine Showband waren nova-spes noch nie, doch der Neuzugang Guido ist schon eine großartige Bereicherung. - Es gibt mehr Bewegung auf der Bühne und der Fronter Matthias hat nun die Möglichkeit, auch auf der Bühne zu kommunizieren. Peter, ein fast schon Urgestein der Band, wird wohl immer der Ruhige bleiben.
Zum Ende des Sets coverten nova-spes einen Song von Kurt Weill, der dem interessierten Publikum in der Version von den Doors bekannt sein sollte. Beim "Alabama Song", der hier letztendlich zu einem typischen nova-spes-Song umgearbeitet wurde, versammelten sich alle Protagonisten des Abends auf der Bühne und feierten sich gemeinsam. „Show me the way to the next whiskey bar“ wurde zu „next wodka bar“, und wurde so auch umgesetzt.
Schön war zu beobachten, dass es unter den Gästen noch kein ausgrenzendes Schubladendenken in Bezug auf Musikgenres gibt. Fair erhielt jeder Künstler seine Chance. Es ist noch Underground und man ist dabei, sich zu orientiert.
Und wie schon oben geschrieben: Aber dann wird da was kommen …
Set-Liste nova-spes St. Petersburg, 18.05.2019
SPECTATORS (WORLDWIDE WARE ZONE – 2018)
FUCKING SHIT (LEBEN IST KRIEG – 2012)
WHY? (WORLDWIDE WARE ZONE – 2018)
PRAY (WORLDWIDE WARE ZONE – 2018)
IT’S NOT A LOVE SONG (WORLDWIDE WARE ZONE – 2018)
WE STAND TOGETHER (A DOG AND HIS BOY – 2016)
LEBEN IST KRIEG (LEBEN IST KRIEG – 2012)
DESTROY (A DOG AND HIS BOY – 2016)
SLEEP (WORLDWIDE WARE ZONE – 2018)
STANDING BACK (WORLDWIDE WARE ZONE – 2018)
I HATE YOU I LOVE (WORLDWIDE WARE ZONE – 2018)
WHAT DO YOU WANT FROM ME (A DOG AND HIS BOY – 2016)
ALABAMA SONG (NON ALBUM TRACK – 2019)