14. Amphi Festival Köln 2018 - der Tanzbrunnen feiert bei Rekordhitze mit OMD und Midge Ure
Wir blicken zurück auf ein ausverkauftes, friedliches, wohl temperiertes Festival mit einigen Überraschungen und viel Altbewährtem. In der sengenden Sommerhitze pilgerten 12.500 Besucher auf das Kölner Tanzbrunnengelände, um bei einem breit gefächerten Line Up abzufeiern. Dabei überzeugten vor allem die überraschenden 80er Jahre-Headliner OMD und Midge Ure, während routinierte Szenebands hinter den Erwartungen zurück blieben.
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AND ONE ++ ASP ++ OMD ++ OOMPH! ++ MONO INC. ++ AGONOIZE ++ MIDGE URE ++ GOETHES ERBEN ++ SOLAR FAKE ++ JOACHIM WITT ++ AESTHETIC PERFECTION ++ UNZUCHT ++ NEUROTICFISH ++ FUNKER VOGT ++ [:SITD:] ++ SUICIDE COMMANDO ++ GRENDEL ++ QNTAL ++ IN THE NURSERY ++ GIRLS UNDER GLASS ++ [X]-RX ++ SHE PAST AWAY ++ LEBANON HANOVER ++ MAD SIN ++ THE CREEPSHOW ++ CENTHRON ++ GRAUSAME TÖCHTER ++ HELDMASCHINE ++ PERSEPHONE ++ KIEW ++ SOVIET SOVIET ++ WHISPERS IN THE SHADOW ++ A PROJECTION ++ CORDE OBLIQUE ++ PRIEST ++ FUTURE LIED TO US ++ ES23 ++ INTENT:OUTTAKE ++ SCHEUBER ++ SYNTHATTACK ++ RROYCE ++ LA SCALTRA
Bei über 40 Bands möchten wir auf ein paar für uns markante Shows eingehen. Für uns startete das diesjährige Amphi Festival im noch wohl klimatisierten Theater mit der Ruhrpott-Electro-Super-Group FUTURE LIED TO US. Leider mussten Tom von S.I.T.D und Vasi die Show allein bestreiten, da der Dritte im Bunde, Krishan von ROTERSAND leider verhindert war. Währenddessen rockten die Lokalmatadoren von [X] - Rx auf der Tanzbrunnen Bühne. Spätestens seit dem sie vor einigen Jahren in der Lanxess Arena mit am Start waren, gehören die Kölner zur Amphi Bestandsauswahl.
Die Industrial-Heroen von KiEw, die nicht nur eine beeindruckende Performance lieferten, wussten sich auch gekonnt textlich aufzuregen. Mit neuem Album im Gepäck meldete sich die UNZUCHT auf der Mainstage zurück. Der energiegeladene Auftritt wurde zugleich als Generalprobe für die neuen Songs vom kommenden Longplayer „Akephalos“ genutzt. Der Schulz verstand es routiniert auf der großen Bühne zu überzeugen.
Ebenso ein Garant für eine Top Bühnenpräsenz ist Daniel Graves von AESTHETIC PERFECTION. Bei treibenden Electro Beats bebte der Tanzbrunnen schon mal richtig.
Ruhrpott-Electro die Zweite - S.I.T.D schafften es im Handumdrehen das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Obwohl die Live-Versionen ihrer Stücke teilweise gefühlt recht lang erschienen, kam beim Publikum keine Langeweile auf.
Seinen ersten Auftritt an diesem Wochenende hatte Chris L. als aktueller Frontmann der Kultformation FUNKER VOGT. Die neue Besetzung stößt durchaus auf geteiltes Feedback, da die musikalische und gesangliche Veränderung doch sehr in Richtung Agro Tech abdriftet. Die militaristische Optik ist bei FUNKER VOGT geblieben bzw. wurde noch verstärkt durch eine Kulisse aus Schützengraben und Geschützen. Ob Musik wirklich Krieg ist, sei dahingestellt. Wir jedenfalls wagen dies stark zu bezweifeln.
Auf der Hauptbühne erwartete uns dann bereits der Co-Headliner OMD - Orchestral Manoeuvres In The Dark. Die Besetzung dieser Position mit einer solchen 80er Synthie Pop Ikone erschien zunächst nicht ganz risikofrei für die Veranstalter. Doch die Show von OMD funktionierte absolut perfekt von der ersten Minute an. Der agile Andy McCluskey nutzte die gesamte Bühne und bezog das Publikum von Anfang an mit ein. Und als man das Best of Set mit „Enola Gay“ und „Messages“ startete, konnte die Menge einfach nur mitsingen. Zum emotionalsten Höhepunkt zählte definitiv die Darbietung des Welthits „Maid Of Orleans“. Mit der Zugabe ging es in die 70er, die Anfangstage der Band, mit dem Klassiker „Electricity“ zurück. Als dann Andy sinngemäß sagte, „Heute gehen wir nicht weg, wir fangen einfach nochmal von vorn an“ war klar, dass die Band ebenfalls vom gewaltigen Zuspruch des Amphi Festivals Publikum überwältigt war.
Wir glauben kaum, dass die Energie dieses Auftritts durch die Show des Szene-Headliners ASP auf der Mainstage übertroffen wurde, da wir uns für den Samstags-Headliner parallel im Theater entschlossen hatten. Kein Geringerer als Midge Ure, die Stimme von ULTRAVOX, bot einen mitreißenden Querschnitt seiner Schöpfungen dar. Diesem großen Künstler verdanken wir so viele unvergessliche Melodien. So musste man einfach bei „Vienna“, „Hymn“ oder „Dancing With Tears In My Eyes“ mitsingen. Selbst Visages „Fade To Grey“, welches ebenfalls aus Ures Feder stammte, durfte nicht fehlen. Die beiden Shows von OMD und Midge Ure machten den Amphi Festival Samstag zu einem wirklich unvergesslichen Erlebnis.
Nachdem für uns der Sonntag mit dem brachialen Cyber-Gedresche von SYNTH ATTACK im Theater startete, ging es mit dem dritten Amphi Auftritt der Future Popper von NEUROTICFISH weiter. Die seichten Klänge haben durchaus ihre Fans, wobei sich der Spruch auf den Keyboard-Ständern „EBM Is Dead“ unlängst überholt hat. Im Gegensatz zu der Vielzahl an EBM-Bands hat mit NEUROTICFISH absolut zu Recht einer der letzten Future Pop Acts überlebt.
Das Highlight und zugleich eine musikalische Neuentdeckung war für uns die Show des schwedischen Synthie Pop Trios PRIEST. Vollständig maskiert und teils in sakralen Gewändern gekleidet, konnte man auf eine Dark Electro Show tippen. Weit gefehlt! Die eingängigen Melodien, gepaart mit dem eigenwilligem Gesang und dem fetten Analogsound, rissen uns sofort in ihren Bann. Das Deutschland Debüt lässt auf mehr hoffen und das aktuelle Album „New Flash“ ist unsererseits eine absolute Hörempfehlung.
Bei der Performance von GRENDEL war Abriss im Theater angesagt. Selten hatte man an diesen Tagen des Festivals die Location so voll erlebt. Mit ihren eingängigen Mitsing-Tracks hatten Mastermind JD Tucker und seine Band bereits als Montags-Headliner beim letzten WGT überzeugt. GRENDEL ist definitiv aktuell einer der vielversprechendsten Livebands, welche das Potential für noch mehr Erfolg außerhalb der Gothic Szene besitzen.
Wie sollte es anders sein, kam das diesjährige Amphi Festival nicht ohne die Publikumslieblinge von SOLAR FAKE aus. In den letzten Jahren ist das Duo (live als Trio) eine sichere Bank für ein erfolgreiches Line Up. Neben den obligatorischen Ohrwürmern gab es auch etwas Neues zu hören. Was allerdings die Darbietung der Cover-Version des überragenden Hits „Papillion“ anbetrifft, ist diese von EDITORS-Fans durchaus geteilt zu bewerten.
Mit der selbsttitulierten „Quotenband“ MAD SIN wagten sich die Veranstalter erneut auf weniger ausgetretene Pfade. Die Berliner Psychobilly-Ikone feierte im Theater was das Zeug hält und hinterließ uns absolut sprachlos.
Gänzlich "unblutig" sollte eigentlich die Show von AGONOIZE ablaufen. Fans der Band erwarten regelrecht diese Kunst-Körperflüssigkeits-Einlagen. Aber spätestens als der sichtlich missgestimmte Chris L. das große Schlachtmesser herausholte, hätten wir stutzig werden müssen. So nahmen wir dann eine kleine Blutdusche für ein gutes Foto in Kauf. Deshalb Memo an uns selbst - AGONOIZE-Show ohne Blut ist eher unwahrscheinlich!
Getreu dem Motto „Totgesagte leben länger“ ging es im Theater weiter. Ursprünglich nur für wenige Shows wiedervereint, präsentierten die fabelhaften GIRLS UNDER GLAS neben vielen Klassikern auch neues Material und überzeugten auf ganzer Linie.
Im weißen Licht der gleißenden Sonne erwartete uns, eine unserer ältesten Lieblingsbands, OOMPH!. Selbst wenn die letzten Alben längst nicht mehr unseren Musikgeschmack treffen, so ist das Wolfsburger Trio immer wieder für eine brillante Liveshow gut. Ob „Der Neue Gott“ oder „Augen auf“ - die Jungs begeisterten mit ihrer musikalischen Zeitreise und lieferten auf der Mainstage für uns den Höhepunkt des Tages.
Den intellektuellen Tiefpunkt des Festivals markierte diesmal die Show von OOMPH!s ehemaligen Label-Kollegen AND ONE. Mastermind und Sänger Steve Naghavi ist bekannt für seine exzentrischen Bühnenshows, ob vulgäre Pöbeleien zwischen „Halt´s Maul“ bei „Technoman“ oder „Schnauze“ dazu gehören müssen, ist sehr fraglich und hinterließ eine Menge sichtlich verdutzter Zuschauer.
Eine euphorisierte Masse vor dem Song „Steine sind Steine“ gemeinschaftlich "A - D - O- L- F" buchstabieren zu lassen, deutet in keiner Weise auf den Intellekt des Publikums hin, sondern nur auf einen fragwürdigen Humor Naghavi´s. Er wollte dies schon immer mal machen, um so diebischer war sein Lächeln, als ihm es gelang, dass das enthusiastische Publikum - bei A, denkend an „A“ wie AND ONE und ohne im Bann der Schnelligkeit das Wort in der zusammengesetzten Buchstabenfolge zu erkennen - die Letter nacheinander bedenkenlos nachrief. Wie auch immer! Das Netz zerreißt sich das Maul, von daher hat der Exil-Iraner rein publicity technisch alles richtig gemacht. Moralisch hat er es nur allein zu vertreten.
Zurück vom 14. Amphi Festival bleiben die Erinnerungen an die unvergesslichen Konzerte von OMD und Midge Ure und natürlich an ein friedliches und wie immer professionell organisiertes Festivalerlebnis. Im kommenden Jahr feiert das Amphi Festival vom 20. - 21.07.2019 sein 15. Jubiläum und man konnte dafür bereits jetzt Nitzer Ebb, nach immerhin achtjähriger Bühnenabstinenz, verpflichten. Seid gespannt, was da noch folgt!