Front Line Assembly zurück in Dresden - Eins und zwei und drei und vier Motherfuckers!
An einem Dienstag lud der Bunker in Dresden ein, einer der Größen im dunkelelektronischen Business zu lauschen. Bereits 19:45 Uhr versammelt sich eine nicht unbeachtliche Menschenmenge, deren Durchschnittsalter überwiegend jenseits der 30 liegt.
15.08.2017 - BUNKER STRASSE E® mit FRONT LINE ASSEMBLY & SUPPORT "DER REST"
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Nachdem 20:00 Uhr die Tore geöffnet wurden, dauert es noch gut 40 Minuten bis der Hamburger Support „Der Rest“ den Abend eröffnet. Die drei Musiker – E-Gitarre spielender Sänger, Bassistin und Schlagzeuger – geben sich redlich Mühe, doch so recht will der Sound der Band – handgemachte Rockmusik ohne jegliche Elektronik, mit deutschen Texten – nicht zu dem Thema des Abends passen. Und so folgen tatsächlich nur wenige Besucher dem Motto des ersten Lieds „Lasst uns tanzen“ und finden den Weg zur Bühne. Nach rund 45 Minuten findet das Trauerspiel dann endlich ein Ende. Das war weder für das Publikum schön, noch kann es das für die Band gewesen sein.
Um 21:48 geht das Licht aus und atmosphärischer Sound füllt die Halle. Am massiven zweilagigen Keyboardstäder findet sich das langjährige Bandmitglied Rhys Fulber ein, am Schlagzeug nimmt Jason Bazinet Platz. Es wird sofort klar, auf wen die Anlage heute Abend ausgerichtet ist und für wen die Leute angereist sind. Die Drums sind knackig, der Bass wummert gehörig und als 21:52 Mastermind Bill Leeb die Bühne betritt, gibt es heftigen Applaus. Los geht es mit „Resist“ vom Album „Caustic Grip“, der Gassenhaueralarm schlägt das erste mal an heute Abend. Auffällig ist die laute und über allem drohnende Snaredrum. Fulber trommelt auf eine zusätzliche Tom ein und doppelt somit dieses Rhythmuselement mit zusätzlicher Wucht.
Wenn Fulber an die Synths wechselt, dann hört man die live gespielten Elemente gut heraus, hier macht der Mann am Mischpult – Greg Reely, langjähriger Produzent und Toningenieur der Band – einen super Job! Die Menge nimmt den Einstieg begeistert auf und fängt an, sich sofort zu bewegen, was für ein fulminanter Start! Der Übergang zum nächsten Track wird von den atmosphärischen Synthesizersounds Fulbers untermalt. Das passt super! Weiter geht es mit „Killing grounds“ vom aktuellen Album „Echogenetic“. Erneut brilliert Fulber an seinen Synths. War zunächst die Stimme Leebs in meinem Ohr zu leise gemischt, so ist der Sound jetzt 100 prozentig rund. Es folgt „Neologic Spasm“ meines Lieblingsalbums „Hard Wired“. Der Song hat nichts an Charme eingebüßt, das Schlagzeug fügt sich super mit dem Originalsound des Lieds zusammen. Nach dem atmosphärischen und etwas im Tempo gedrosselten „Blood“, das in rotem Licht das erste mal eine Verschnaufpause für Band und Publikum bietet, agiert Leeb das erste mal mit dem Publikum: „How is everybody doing tonight?" Danach folgt ein sehr rhythmisches Intro mit allen drei Herren an Schlaginstrumenten zum nächsten Gassenhauer „Plasticity“ aus dem Jahre 1996. Als die Baseline einsetzt, beginnt ein leichter Pogo in der Menge. Sehr beeindruckend ist es, wie Leeb den Stimmlagenwechsel zum Chorus umsetzt und mit tiefer Stimme „The laws of nature, the laws of man, this volatile paradox will never stand“ singt. Während des Tracks skandiert der begeisterte Leeb auf deutsch „Eins und zwei und drei und vier Motherfuckers!“ und animiert zum klatschen. Etwas was wir Deutschen gern machen und so gehorcht das Publikum dem Aufruf.
Es folgt mit „Exhale“ ein weiterer Song vom aktuellen Album „Echogenetic“, der von „Vanished“ beerbt wird. Der esoterische Sound des Tracks vom Album „Civilization“ hätte nur davon gekrönt werden können, wenn die aus der Konserve singende Frauenstimme noch live auf der Bühne stehen und singen würde. Der nächste Song beginnt mit viel Bums, als wollte man die esoterischen klänge von „Vanished“ vertreiben. „Remorse“ vom legendären Album „Tactical Neural Implant“ treibt mit mächtiger Snarearbeit ordentlich nach vorn. Leeb zeigt eine weitere Variation seines Gesangs, um wieder grandios im sich herrlich entfaltenden Chorus die Gangart seines Gesangs zu wechseln. Großartig! Fulber tut sein Übriges und reichert den Old-School-Sound des Tracks gekonnt mit spannenden Sounds aus seinem Eurorack-Modular-Sytsem an. Weiter geht es mit „Prophecy“ vom Album „Implode“. Auch hier dominiert die Snare und gibt die Mid-Tempo-Gangart an. Immer wieder klingt Fulbers Eurorack-Modularsystem raus. Spannend! Die E-Gitarre des Originals wird konsequent, wie in allen anderen Songs auch, weggelassen. Das passt und fällt nicht negativ auf. Der Song hat einen großartigen Groove und viel Kraft, für mich bis jetzt das Highlight des Abends.
Leeb kündigt nun bereits den letzten Song an. Mit dem Hinweis Leebs, dass er sehr jung war, als er den Song geschrieben hatte, beginnt „Iceolate“ (Album „Caustic grip“). Das haut ordentlich rein und die Menge geht gehörig ab. Die Band verlässt nach einem zaghaften „Good night“ Leebs die Bühne, aber das weiterlaufende Interlude zeigt schon an, dass FLA noch nicht genug haben. Das Publikum sieht das genau so und reagiert entsprechend lautstark. Die drei lassen sich nicht lange bitten und weiter geht es mit „Gun“ vom Album „Tactical Neural Implant“. Wieder bearbeiten Leeb und Fulber ihre Toms, um Bazinet am Schlagzeug zu unterstützen. Im Chorus spielt Fulber die Strings live. Die Menge ist außer sich und Bill Leeb freut sich sichtlich. Die Stimmung wird immer ausgelassener.
Als der Überhit „Mindphaser“ angestimmt wird, bricht Jubel aus und es kommt zum furiosen Ende des Konzerts, an dessen Ende sich Leeb mit den Worten "Vielen Dank meine Damen und Herren" verabschiedet. Die Band hat ein großartiges und komplett elektronisch ausgerichtetes Set ausgewählt, das nahezu die gesamte Schaffensphase widerspiegelt und den Status der Band an der Spitze des Genres unterstreicht. Well done, heroes!
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