CANTUS BURANUS II - Leipzig - 2009 - Bericht

am . Veröffentlicht in Photoreports 2009

Cantus Buranus 2 Arena LeipzigCANTUS BURANUS II
Aufführung
 
Leipzig - Arena - 27.03.2009

 

 
 
 
 
 
Endlich fand sich, nach ihrem Auftritt beim Wave Gotik Treffen (WGT) im Jahr 2007, das Cantus Buranus Ensemble wieder in Leipzig ein. Cantus Buranus – mittelalterlich-klassische Klänge die an Burgen und Schlösser, an Abteien und Klöster erinnern, und auch durch diese schallen sollten. Doch wieder fand das Spektakel, wie schon beim WGT auf der Agra, in einer spröden Halle statt, der Arena Leipzig.

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Copyright Fotos: Mathias Schneider


 

 

Natürlich die Köpfe von Corvus Corax, das Bohemian Symphony Orchestra Prague und der Passionata-Chor sowie die Sopranistin Ingeborg Schöpf waren mit von der Partie. Inszeniert wurde die Show von Gert Hof, welcher schon große Lichtshows für Mikis Theodorakis in Athen und Milleniumfeiern in Peking und Berlin inszenierte.  Eigentlich scheint Cantus Buranus eher für goldbrokatgeschmückte Ränge oder echte antike Arenen gemacht. Doch für das gemeine Volk reichen Metallgerüst und Betonhalle, mit nicht gerade der besten Akkustik um ein Volksfest oder Sportevent Feeling zu erreichen, das auch für ein Konzert dieser Größenordnung gerade richt scheint. Wer Teil eins schon kennt, weiß was ihn erwartet, wer nicht der darf gespannt sein. Ebenso die alten Mittelalterfans die Corvus Corax schon seit Jahren hören, wie auch die Klassik und vor allem Filmsoundtrack Fans großer orchestraler Werke kommen auf ihre Kosten.
 
Noch bevor das Konzert begann, erklangen helle Schellen durch den Saal und wurden von dem fast durchweg normalen Publikum, welches man zwar auf den Kaltenberger Ritterturnieren, aber weder beim WGT noch auf einem Corvus Corax Konzert findet, erstaunt zur Kenntnis genommen. Die Schellen und Mittelalterkleider waren rar gesät in dieser Halle, vielleicht wollte deshalb so gar keine Vorfreude aufkommen.
 
 
 
Wie schon die Einführung durch einen Sprecher verrät, scheint dieser Teil düsterer als der Vorgänger. Mit tiefer Stimme spricht er von Wahnsinn, Tod, Blut, dem düsteren Mittelalter. Ein unheilvoller Klang erfüllt die Halle und blutrote Spots beleuchten die Köpfe des Publikums und die Bühne. Plötzlich werfen die Trommler…  von Corvus Corax den Zuschauer mittenrein in die Komposition die ersten Töne von "Custodes Sunt Raptores". Dieses Lied aus Cantus Buranus 2 (CB) berichtet von einer verkehrten nichtchristlichen Welt, in der Wölfe die Hirten sind und jeder Mensch wahnsinnig ist. Der originale Mittelaltertext den der Chor und die Coraxschen Barden intonieren, wurde also vom Sprecher vorweggenommen. Laut, triumphal und hinwegreissend donnern diese Worte durch die Menge und die Trommelschläge wirken wie Blitze eines apokalyptischen Gewitters. Die synchronen Blitzlichteffekte Gert Hofs unterstreichen diesen Effekt aufs wirkungsvollste.
 
Gert Hof zaubert sonst Lichter in den Himmel die mit den Nachtwolken zu verschmelzen scheinen. Hier nun setzen die Balken der Halle den Lichtkegeln ihre Grenzen, lenke man den Blick weniger nach oben, als vielmehr auf die Bühne.
 
 
 
Nicht minder volltönend und treibend erklingt "Miser" und die Akteure auf der Bühne werden in Blaulila und Gold getaucht. Das Lied ist noch melancholischer als das erste, fast drohend. Der Text berichtet von Elend und Asche, dem endgültigen Tod dem jeder Mensch einmal gegenübersteht. Entsprechend ernst und unheilvoll blicken die Musiker von Corvus Corax auch bisweilen ins Publikum. Silberlilaweiße Streifen durchziehen die Luft bei Lied drei "De Mundi Statu". Die Welt tritt als Verführerin auf, die allerdings schon im Sterben begriffen ist. Das dunkle Bild des Weltuntergangs. Das Publikum zum Mitklatschen zu animieren war ein frommer doch ergebnisloses Unterfangen. Durch die schmetternden, fast zu lauten Chöre oder trommelfellzerschneidende Schalmeien ging jegliches Geräusch kläglich unter.
 
 
Fort von aller Düsternis geht es zunächst mit dem Lied "Rustica Puella"  (CB Nr.1) Ein Lied von einem Bauernmädchen, einer Magd die sich mit einem Studenten zum Schäferstündchen trifft. Die Dichtung des Mittelalters, die niedere Minne,  enthielt viele solcher Texte und ganz offen wurde dort von Sinnesfreuden und körperlichen Vergnügungen gesprochen. So auch in der Carmina Burana.  Der schnelle Rhythmus von "Nummus", ebenfalls ein Lied aus CB 1, lud zum tanzen ein. Der einprägsame Text vom Fluch des Geldes zum Mitsingen. Auch wenn hier Lateinkenntnisse von Vorteil wären bzw. eine Beschäftigung mit den Liedtexten. Sonst helfen Librettos aus, aber wer die CB-Texte noch einmal nachlesen will schaut unter www.cantusburanus.com .
 
 
Völlig unbeeindruckt von der Inszenierung schienen sämtliche Damen in der Reihe vor und neben mir. Schwatzen, Lachen, Kichern. Eine besonders fehl am Platz wirkende Person war eine schwarzhaarige junge Dame, die erst auf dem falschen Platz saß, dann in völliger Unkenntnis der Musik an den falschen Stellen klatschte und die ganze Zeit über mit ihren Nachbarinnen tratschte und unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschte. Zu allem Überfluss stand sie mitten im Konzert auf um nach zehn Minuten zurückzukehren und ständig in den oberen Reihen nach irgendwelchen Bekannten Ausschau zu halten und zu winken. Den Rest der Zeit verbrachte sie mit SMS schreiben, von der Show hatte sie praktisch nichts mitbekommen. Dieses Verhalten war geradezu exemplarisch für den Block in dem ich gesessen habe. Die Dame direkt neben mir allerdings folgte dem Geschehen mit verbissen steifem Blick und verschwand dann ab ungefähr der Hälfte auf Nimmerwiedersehen aus dem Zuschauerblock. Dieses Verschwinden zog eine Kettenreaktion nach sich, so dass plötzlich in besagtem Block ein riesiges Loch klaffte.
 
 
Der Farbenrausch auf der Bühne erinnerte indes an das Bollywood Spektakel was einst auf ebenjener stattgefunden hatte.
 
 
 
Der jahrhundertealte Text von Ordo Languet , scheint erschreckend aktuell: “Wir ertragen den Schaden. (…) Die Gerechtigkeit fehlt.(…)
Die Sünden nehmen zu. Der Reichtum regiert“ Doch die Antwort darauf folgte mit dem Lied "Ergo Bibamus", meinem Lieblingsstück von CB I. „Also lasst uns trinken, dürsten wir nicht, füllen wir den Becher!(…)Ohne Sorge, denn durch den kommenden Tod wird alles vergehen.“ Ein Mondaufgang eröffnet die Szenerie- ein überdimensionaler Ball in der Form eines von innen beleuchteten Mondes schwebt über die Köpfe der Zuschauer. Dazu erklingen die traurig und schwermütig schleppend schönen Melodien, die so gar nicht zum Text passen wollen.Der Gedanke an den Tod drückt nicht herunter wie in den anderen Liedern, sondern spornt eher zum Glücklichsein und Genießen an. Feierlich, wie ein Schwur kommt dieser Trinkspruch daher.
 
 
Eine Mischung aus alten und neuen Liedern folgte: "Quid Agam", "Lingua Mendax", "Curritur ad Vocem", "Causa Ludi". Jeder der drei Aufzüge wurde durch den Sprecher mit einer Geschichte eingeleitet.Diese kurzen Intermezzi nahmen die Leute jedoch als Fress und Pinkelpause hin. Ein respektvolles Opernpublikum oder ein andächtig lauschendes und doch ausgelassen tanzendes WGT-Publikum? Beides wäre angemessener als das typische Arena-Publikum, das scheinbar keinen Unterschied macht zwischen klassischem Konzert und lokalem Fussballvereinsspiel. Jeder Aufzug wurde in anderer Kostümierung begangen. So zeigten sich Chor und Corax als Bischöfe und Kardinäle in schrillen rotglänzenden Talaren. Ihr Anliegen:
 
 
„Besteht auf euch gegen die schlechten Geistlichen, die euch nicht viel Liebe schenken (…) wir nehmen auf die Reichen und die Armen, denen die frommen Mönche die Tür weisen.“ – In Orbem Universum. Drastischer noch wir die Kritik in "Veritas Simplex" (Die einfache Wahrheit). „Verehre unsere Bischöfe mit milden Schmeicheleien, verhöhne ihre Fehler nicht, in dem du sie mit Worten tadelst, wenn dir ihre Wohltaten Zuteil werden sollen. Weiche von mir Satanas, (…) Ihr ertrinkt in Betrügerei und Lüge. Satan ist unter uns. Er wird kommen Euch zu holen.“
 
Nach diesem höllischen Auftritt, folgt das finale"Fortuna" mit einem Auftritt mit Diva Ingeborg Schöpf als Space-Nofretete in einem  silbernen Outfit. Auch dieses Lied ist zum Mitsingen geeignet, selbst für Nicht-Lateiner. Jetzt schien auch das Publikum endlich aufzutauen.  Die beiden Zugaben (Corvus Corax Klassiker Chou Chou Cheng und O Varium Fortune)brachten dann endlich die Halle zum positiven Kochen, einige tanzten ausgelassen und fast alle klatschten begeistert mit. Standing Ovations honorierten das Ensemble zu guter Letzt doch noch. Dieser Tanz hätte noch Stunden weiter gehen können, doch leider war das Konzert nun endgültig vorbei.
 
 
CANTUS BURANUS II - Aufführung:
Arrangiert mit dem Bohemian Symphony Orchestra Prague
 
und dem Passionata-Chor
 
Mit Star-Sopranistin Ingeborg Schöpf
 
Inszeniert von Gert Hof 
 
In Bildern hat unser Fotograf Mathias Schneider das Spektakel festgehalten. Die Galerie findet ihr hier >>>
 
 

 

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