CONTROLLED COLLAPSE - Post-traumatic stress disorder - mit neuem Album zurück!
Auf den Spuren von Combichrist
Bisher standen Controlled Collapse aus Polen für mich als Garant für blitzsauberen Industrial / Dark Electro ganz im Stile von Skinny Puppy, Nine Inch Nails oder Frontline Assembly. Das hat sich mit ihrem aktuellen 4. Full-time Album „Post-traumatic stress disorder“ jetzt geändert und man wandert ganz auf den Spuren von Combichrist.
Und hier hat man sich nicht nur an bestimmten Releases orientiert, sondern an einem Querschnitt aus alten und neuen Releases. Das bedeutet für den Hörer, dass man sich auf ein Gewitter aus knallharten Gitarrenriffs und entsprechender Elektronik gefasst machen muss. Auch die Vocals erinnern überaus stark an Andy La Plegua. Ob jetzt daran die Supportgigs auf der Combichrist-Tour Schuld waren, bleibt erst einmal dahingestellt.
Fakt ist jedenfalls, dass sich das neue Album (m)einer Hörprobe unterzogen hat und mit mehr als nur gemischten (Hör-) Gefühlen zurücklässt...
Der Opener „Create the change“ kommt noch ziemlich elektronisch daher und wird lediglich von dezenten Metal-Riffs unterlegt. Die Vocals erinnern mich direkt an Combichrist. Der Song macht eigentlich ziemlich Spaß, klingt erfrischend und auch vollkommen anders, als ich zuvor vom Projekt um Frontmann Wojciech Król gewohnt war. „Burn the Bridges“ knallt mir dann die volle Breitseite an brutalten Gitarrenriffs auf die Ohren. Die elektronischen Elemente Rücken hier ziemlich in den Hintergrund, sieht man einmal von einem Flächensound ab, der wohl auch so eine Art Chorus untermauern soll. Die Shouts sind wieder 100% Combichrist und irgendwie hat man das Gefühl hier einen neuen Song von besagter Band zu hören.
„Lust“ steht nun auf dem Plan und beginnt gleich mit gefälligen Electro-Sounds, bis dann die Gitarren wieder stärker aufgedreht werden. Die Kombination aus beiden Elementen ist hier doch recht gut ausgewogen und nach ein paar Mal hören, kann ich mich damit sogar ganz gut anfreunden.
„Does it hurt to be alone“ eröffnet dann überraschender Weise in der gewohnten Controlled Collapse-Manier und lässt mich direkt mitnicken. Irgendwie warte ich dann auf den Einsatz der Gitarren, aber zu meiner Freude bleiben diese aber Stumm. Somit zeigen CC dann noch mal eindrucksvoll, warum sie mir bisher so gut gefallen haben.
Na gut, denke ich. Vielleicht bleibt es ja so und der Beginn von „Simple Story“ bringt mir Hoffnung. Doch dann kommen wieder die Gitarrenriffs zum Vorschein und die Shouts werden wieder aggressiver. Aber diese Kombination macht es erstaunlich interessant und den Song gut hörbar, selbst wenn man hier auf einen eingängigen Chorus verzichten muss und auch kann. Für mich persönlich der beste Song der CD.
„Disgrace“ ist nun angesagt und hier versucht man auch die Balance zwischen Gitarren und Elektronik gut ausgewogen zu gestalten. Gelingt auch sehr gut, selbst wenn die extremen Parallelen zu Combichrist erneut stark zum Vorschein kommen. Dennoch im Ganzen ein gefälliger, aber unspektakulärer Song.
Mit „Memories“ schicken CC dann den nächsten Song ins Rennen, welcher im Verlauf dann feine elektronische Sounds offenbart und gut dosierte Gitarrenriffs einstreut. Man könnte sogar sagen, dass dieser Songs der vielleicht „eingängigste“ des Albums ist, wenngleich auch keine Hit. Sehr zu meiner Freude klingen CC bei „Thoughts and Dreams“ wieder wie ich es gewohnt bin – ohne Gitarren, eigenständig und interessant. „Unhappy“ macht mich der folgende Song zwar nicht, holt mich aber leider wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, dass Controlled Collape sehr Gefallen an harten Gitarrensounds gefunden haben. Gut gemacht – zweifelsohne. Aber irgendwie erreicht mich das Ganze nicht wirklich. Ich skippe zu „Lie!“ weiter und hier hagelt es gleich markante Riffs und Shouts in lupenreiner Combichrist-Manier. Passend zum Text strotzt der Song voller Energie, lässt aber irgendwie ein wenig Abwechslung vermissen. „Adios“ sagen CC zwar mit diesem Song noch nicht, aber es steht der vorletzte Track der CD an. Hier geht es in wilder „Metal-Manier“ zu und im Moshpit dürfte zu diesem Song ein wildes Headbangen und Gedränge vonstatten gehen. Ein wahres Feuerwerk an harten Riffs und Shouts lassen hier sicher jeden Fan des Rock/ Metal-Genres in Verzückung geraten. Mich lässt es aber eher kalt und am Ende bin ich froh, als der Song endet und mit „Loop“ der letzte Track der CD ansteht. Und als wenn Controlled Collapse mich zum Ende noch einmal milde stimmen wollen, verzichten sie hier wieder auf die Gitarren und offenbaren im gemächlichen Tempo den zweiten Song des Albums, der mich komplett fesselt und begeistern kann.
Am Ende der CD stehe ich nach dem x-ten Mal hören immer noch mit gemischten Gefühlen da und weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Auf eine Art finde ich es gut, dass Controlled Collapse versuchen einen anderen Weg einzuschlagen um vielleicht aus dem bisherigen Schatten zu treten. Immerhin haben die sympathischen Polen bisher eher einen „Insider-Status“ gehabt und waren viel zu sehr (und für mich auch unberechtigt) unterschätzt und unbeachtet worden.
Auf eine andere Art bin ich aber enttäuscht, dass man sich viel zu sehr an Combichrist orientiert, zu sehr wie eine Kopie klingt und ein gewisses Maß an Eigenständigkeit vermissen lässt. Nötig hat es die Band eigentlich nicht, denn das bisherige Schaffen zeigt ganz deutlich, was in ihr steckt. Mit dem vorliegendem Werk werden sie neue Fans finden, ohne jeden Zweifel! Aber wohl leider auch Fans (wie mich z.B.) verlieren, die das ausgezeichnete bisherige Schaffen vermissen.
Jedenfalls wünsche ich der Band von Herzen massiven Erfolg, denn sie haben ihn wirklich verdient.
Wertung: 7/10
Veröffentlicht: 14.04.2017
Label: Alchera Visions / Machineries / audioglobe
Genre: Electro-Metal
www.facebook.com/controlledcollapse
controlled-collapse.bandcamp.com